Während das Baby im Mutterleib satt, warm und geschützt wachsen kann, sind die Bedingungen, sobald es auf die Welt kommt nicht mehr so rosig. Es ist laut, kalt, hell und vor Allem lernt unser Nachwuchs auf einmal das unangenehme Hungergefühl kennen. Doch wie viel braucht ein Baby eigentlich, wenn es auf die Welt kommt? Und was ist, wenn die Muttermilch nicht gleich einschießt?

Wenn das Baby auf die Welt kommt hat es noch einen sehr kleinen Magen, der erst mit der Milchmenge der Mutter wächst. Deswegen wird es am Anfang auch noch von dem sehr reichhaltigen Kolostrum satt, muss aber auch sehr häufig angelegt werden, damit es genug Nahrung bekommt, um dem eigenen Blutzucker stabil zu halten und den Milcheinschuss der Mutter zu stimulieren. Der kommt bekanntlich zwischen Tag 3 und 5. Sobald die Milch einschießt, fängt der Magen auch an zu wachsen (wie man im Bild sehr gut erkennen kann).

Zahlen, Mengen, Kurven

Immer wieder hören wir von den Frauen, die wir in Stillberatungen betreuen, dass  das Kind nicht genug wiegt, nicht genug trinkt, nicht genug bekommt. Doch woher wissen wir eigentlich, dass es nicht genug bekommt?

Anzeichen können sein: Es weint viel und sucht auch nach dem Stillen noch nach der Brust. Es schläft viel, weil es Energie sparen will. Es schläft schnell an der Brust ein, weil der Milchfluss versiegt ist. Es hat immer zusammengekniffene Fäuste, die sich auch beim Stillen nicht öffnen und entspannen wollen. Es ist unruhig und will ständig an die Brust. All dies können in Kombination Zeichen sein, dass das Kind Hunger hat. Es sind aber keine 100%ige Indikatoren, denn auch satte Babies schlafen gern, und besonders saugwillige Kinder wollen ständig an die Brust. Was gibt es also noch, um herauszufinden, ob das Kind genug trinkt?

Das Gewicht

Wer kennt sie nicht, die Gewichtskurve, die bei jeder U-Untersuchung ausgefüllt wird. Einige Kinder sind ganz oben in der Kurve und andere sind ganz unten, weil eben jedes Kind einen eigenen Stoffwechsel hat, eine individuelle genetische Veranlagung und ein individuelles Trinkverhalten. Wichtig ist, dass die Kinder wachsen und zunehmen. In welcher Geschwindigkeit dies geschehen soll, liegt meist im Auge des Betrachters. Während der eine Arzt ganz entspannt auf die Kurve schaut, gibt es einen anderen, der sich auch hier Ordnung wünscht und einen konsequenten Anstieg erwartet.  Neben dem Gewichtsverlauf wünschen sich auch einige Eltern eine Richtlinie, wie viel oder wie wenig für das Kind in Ordnung ist:

Die La Leche Liga sagt folgendes:

Diese Tabelle gibt Ihnen einen Überblick über die durchschnittlich zu erwartende Gewichtszunahme eines gesunden, voll gestillten Kindes:

Alter und Durchschnittliche (!), wöchentliche Gewichtszunahme :

  • 0 – 2 Monate 170 – 330 g
  • 2 – 4 Monate 110 – 330 g
  • 4 – 6 Monate 70 – 140 g
  • 6 – 12 Monate 40 – 110 g

Nach der Geburt dürfen Kinder bis zu 10% ihres Geburtsgewichtes abnehmen. Nach ungefähr 8 – 10 Tagen sollten sie ihr Geburtsgewicht wieder erreicht haben. Wenn die Kinder mehr zunehmen oder nicht so recht das Geburtsgewicht erreichen wollten, sollte man sich unbedingt Hilfe holen, da die Kinder zeitgleich extrem viel wachsen und es schnell zu einer Unterversorgung kommen kann.

Oft werden wir auch nach der Trinkmenge gefragt und auch da müssen wir Euch die „ es kommt drauf an“ Antwort geben, denn das variiert sehr stark.

„Die meisten Babys trinken in den ersten 6 Monaten 700 bis 900 ml am Tag (und zwar über die ganzen Monate konstant gleich viel und nicht zunehmend, wie oft vermutet), wobei manche gesunde Babys nur 400 ml Muttermilch am Tag verzehren, andere über 1300 ml, d.h. die Spannweite ist enorm und unterscheidet sich um das Dreifache.“ Quelle Stilllexikon

Nun fragt Ihr Euch sicher, wie wir nun eigentlich feststellen können, ob das Baby satt wird, wenn die Zahlen so viel Spannbreite zulässt? Folgendes kann uns dabei helfen:

In den ersten Lebenstagen:

Zeichen dafür dass es genügend Nahrung aufnimmt sind z.B., dass Dein Baby eine gesunde, rosige Gesichtsfarbe hat. Viele Babys sind zwar anfänglich etwas gelb (Das liegt am sogenannten Bilirubin, dass das Baby nach der Geburt abbauen und ausscheiden muss) regenerieren sich aber rasch und ohne große Probleme. Babys die zu wenig Nahrung aufnehmen, entwickeln schneller und stärker eine Neugeborenengelbsucht, die auch behandelt werden muss. Die Haut Deines Babys wird plötzlich auffällig gelb, auch die Augen werden ebenfalls gelblich. Durch die Darmtätigkeit werden normalerweise ja die Abbaustoffe ausgeschieden, erhält das Baby jedodoch zu wenig Nahrung, ist der Darm nicht aktiv und diese Abbauprodukte setzten sich im Körper ab, was zu der gelblichen Färbung führt. Bei den meisten Kindern genügt es, sie mit etwas Sonnenlicht beim Abbau zu unterstützen, wenn das jedoch nicht ausreicht, kann die Gelbsucht mit einer Lichttherapie behandelt werden. Wichtig ist, dass Du immer weiter nach Bedarf ca. 10-12x in 24 Stunden anlegst. Dies führt auch dazu, dass der Milcheinschuss angeregt wird.

Hat Dein Baby in den ersten Tagen 1 bis 2 nasse Windeln, ist dies ein Anzeichen, dass es genügend Kolostrum erhält.

Am ersten Tag hat Dein Baby schwarze Ausscheidungen, das sogenannte Mekonium. Erhält Dein Baby Kolostrum, dann verfärbt sich dieses in den folgenden Tagen immer mehr ins Grünliche. Für Dich ein Zeichen, dass es Nahrung erhält.

Nach der ersten Lebenswoche

Die Menge an nassen Windeln sollte nun immer mehr ansteigen. Mit dem Anstieg Deiner Milchmenge und der Trinkmenge des Baby werden es ca. 4-6 nasse Windeln am Tag sein, ein gutes Anzeichen für genügend Milchaufnahme.

Der grünliche Stuhl wird nun immer gelber. Muttermilchstuhl ist gelblich, eher flüssig und riecht nicht unangenehm. Wenn sich die Farbe des Stuhls bei Deinem Baby so entwickelt, ist dies ein weiteres, gutes Zeichen, dass Dein Baby genug Muttermilch erhält. In den ersten Wochen sollte es etwa 3 bis 4 Mal einen gelben Muttermilchstuhl ausscheiden.

Ist Dein Baby in den Wachphasen aufmerksam und aufgeweckt, ein weiteres gutes Anzeichen dafür, dass Dein Baby satt wird.

Stillproben ja oder nein?

Wir haben ja bereits beschrieben wie viel Milch Dein Baby etwas bekommen sollte. Für Mütter die Fertigmilch füttern ist die Menge ja gut einzuschätzen. Stillende Mütter hingegen fragen sich oft, wie sie denn abschätzen können ob und wie viel Milch ihr Baby bekommt, ob es satt wird. Die Anzeichen die dies anzeigen kennst Du nun.

Je nachdem wie sicher oder unsicher Du bist und wie Deine Hebamme oder Stillberaterin es Dir empfiehlt, machen einige Mütter auch sogenannte Stillproben. Hier wird das Baby vor und nach dem Stillen gewogen, was helfen soll einzuschätzen wie viel Muttermilch das Kind zu sich genommen hat. Leider erleben wir oft Mütter, die dies mehr unter Stress und Druck setzt (von dem Aufwand mal abgesehen) und die hier wieder mehr auf Gewichte achten, als auf die äußerlichen Anzeichen ihres Babys. Zudem kann es dazu führen, dass bei einer „angeblich“ zu geringen Zunahme, schnell zusätzlich zu Fertigmilch gegriffen wird, also zugefüttert wird. Dies wirkt sich sehr schnell auf die Milchbildung aus.

Wenn Dich Stillproben beruhigen, dann wende dies ruhig an, setzt es Dich unter Druck, dann versuche es so weit wie möglich zu reduzieren und mehr auf die Anzeichen Deines Babys zu achten. Entscheidest Du Dich für Stillproben, ist wichtig, dass Du immer dieselbe Waage nutzt und Dein Baby vor und nach dem Wiegen nichts außer der Windel an hat. Bitte bedenke folgendes dabei: Wenn Du Dich am Tag 5 x wiegst, wird Dein Gewicht jedesmal etwas schwanken, je nach Bewegung, Tageszeit, Nahrungsaufnahme etc. So ist es auch bei Deinem Baby, d.h. es kann auch einmal sein, dass das Gewicht vor dem Stillen höher ist als danach. Es gilt hier ein gutes Maß zu finden, was Dich beruhigt, aber sich nicht in Stress und Druck auswirkt.

Kannst Du Dein Kind überfüttern?

Wenn Du Dein Kind nach Bedarf stillst, ein eindeutiges NEIN! Die Muttermilch passt sich immer den Bedingungen und Bedürfnissen Deines Babys an. Z.B. ist Muttermilch bei Jungen immer fetthaltiger als wenn Du Dein Mädchen stillst oder sie ist wässriger bei hohen Außentemperaturen. Auch wenn Du einen kleinen Wonneproppen hast, kannst Du mit Muttermilch Dein Baby nicht überfüttern.

Auch PRE bzw. 1er Milch sollte nach Bedarf gefüttert werden. Gerade bei Fertigmilch ist es wichtig darauf zu achten, wann Dein Baby genug hat und nicht an vom Hersteller festgesetzte Fütterungsmengen festhalten (aber bitte unbedingt das Verhältnis von Pulver und Wasser einhalten und nicht verdicken oder verdünnen!). Hier kann Dir wieder folgende Überlegung helfen: Hast Du jeden Tag, zur selben Zeit, Hunger und Durst? Trinkst Du jeden Tag zu gewissen Zeiten die gleiche Menge an Wasser? Nein, auch unser Hunger und Durstgefühl passt sich an Temperaturen, Aktivitäten an. So auch bei Deinem Baby. Es kann mal mehr, mal weniger trinken und dies ist kein Grund zur Sorge.

Bei Zwiemilchernährung, einer Kombination aus Stillen und Zufüttern, hingegen, kann es je nach Maß sein, dass eine Überfütterung eintritt. Manche Mütter in unseren Stillberatungen erzählen, dass das Baby nur kurz trinkt oder nach dem Stillen meckert und sie daraufhin die Flasche geben. Dann trinkt das Baby noch eine große Menge und schläft danach satt und zufrieden ein.

Hier gibt es verschiedene Aspekte zu bedenken:

Das Trinkverhalten an Brust und Flasche ist völlig verschieden. Dein Baby muss an der Brust mehr arbeiten um  die Milch zu entleeren, während es bei der Flasche durch die Schwerkaft und den Trinkvorgang an sich, die Milch deutlich leichter erhält. Daher auch nicht ungewöhnlich, dass Dein Baby nach der Brust immer noch Fertigmilch trinken wird. Je mehr es dann trinkt, desto voller der Magen und es wird sehr schläfrig. Wenn Du nun einmal überlegst wie es Dir geht, wenn Dein Magen zu voll ist, wirst Du feststellen, dass auch Du dann träge und müde wirst, es aber meist kein angenehmes Gefühl ist, so ein übervoller Magen.

Je nach Situation, Wachstumsschub, Erkrankung, Wetter, etc. will Dein Baby öfter, dafür kürzer stillen. Es holt sich zu jedem Zeitpunkt, dass was es braucht. Achtet man nicht auf dieses Bedürfnis, sondern füttert immer nach, dann kann Dein Baby über die Zeit sein natürliches Sättigungsgefühl verlieren bzw. gar nicht richtig ausbilden. Dies ist jedoch sehr wichtig, auch für seine spätere Entwicklung. Ein gesundes Maß an Nahrungsaufnahme in Abhängigkeit von viel oder wenig Bewegung, benötigter Energie für die Kurierung von Krankheiten oder bei einem Wachstumsschub, das natürliche Sättigungsgefühl sollte nicht durch zu wenig oder zu viel Nahrungsaufnahme gestört werden.

Fütterst Du also im Anschluss an das Stillen nach, achte sehr stark darauf wann Dein Baby genug hat, egal wie viel es getrunken hat. Biete ihm lieber öfter die Brust oder die Flasche an, als auf einmal große Mengen. Dann seid Ihr auf dem richten Weg für ein zufriedenes und sattes Baby.

Und dann kommt die Beikost

Jetzt seid Ihr endlich so weit und Du weißt wann Dein Baby satt ist und dann kommt die Beikost. Wieder eine neue Situation und die Frage: Wird mein Baby satt?

Ist Dein Baby bereit für die Beikost, hier haben wir dazu bereits gescrhrieben, dann möchtest Du diese nach und nach anbieten. Ob in Form von Brei oder als Fingerfood Dein Baby lernt nun völlig neue Geschmäcker, Konsistenzen und Abläufe kennen. Der Löffel mit Brei der plötzlich vor den Mund gehalten wird, die Banane die es greifen muss oder ihm angeboten wird, die es in den Mund koordinieren muss. Auch hier wird es Kinder geben, die sofort alles annehmen, ausprobieren oder auch Kinder die einfach noch nicht bereit sind.

Gerade hier ist es wirklich wichtig achtsam auf die Bedürfnisse Deines Kindes einzugehen. Biete immer wieder an, lass es probieren, aber zwinge ihm keinesfalls bestimmtes Essen oder bestimmte Mengen auf. Leider passiert dies auch mal häufiger bei der Gabe von Brei. Manche Mütter tendieren dazu, dass das Kind jedesmal dieselbe Menge verabreicht bekommt. Bedenke hierbei den oben beschriebenen Aspekt, dass der Hunger variiert, je nach Tagesform und Situation. Dreht Dein Kind den Kopf weg, verschließt den Mund oder schüttelt den Kopf, dann biete ihm lieber später noch einmal etwas an. Wenn Du dies beachtest, wird Dein Kind sein natürliches Hunger-und Sättigungsgefühl kennenlernen und holt sich dann Nahrung, wenn es dieser wirklich bedarf.